Grünerts Orgelfahrt zu Pfingsten

Die Orgelfahrt des Matthias Grünert, des Organisten der Dresdener Frauenkirche, führte zu Pfingsten ins Henneberger Land, nach Arnstadt als Bach-Ort in Thüringen, nach Ettersburg und Weimar. Die Orgeln des ländlichen Raums rücken ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Die Orgeln des ländlichen Raums - kleinere und sehr unterschiedliche Werke früherer Zeiten, jedoch in der Gegenwart liebevoll restauriert - rücken ins Zentrum der Aufmerksamkeit, die Programmauswahl war abgestimmt auf Pfingstwanderer und neugierige Touristen. Sie lud zur Einkehr, zur Besinnung oder einfach nur zur Rast nach anstrengender Tour. Eine Mammutaufgabe war es für den wackeren Organisten, der sich zehn Konzerte innerhalb von drei Tagen aufgebürdet hatte, noch dazu an wechselnden Orten, in wechselnden Kirchen und, was noch komplizierter sein dürfte, an unterschiedlich disponierten Orgeln. Und obgleich die Konzertlänge auf jeweils etwa 45 Minuten begrenzt war, der individuelle Anspruch einer jeden Orgel musste unbedingt erfüllt werden.

Peternell-Orgel von 1865 mit Intonationsreinheit
In der Schlosskirche Ettersburg war es beim Pfingstfestival am Sonntagnachmittag die Peternell-Orgel von 1865, die die Besucher in Scharen anlockte. Erst vor fünf Jahren war sie rekonstruiert worden und hat nun alles, was für den heutigen Gebrauch vonnöten ist: ziemlich geräuschfreie Mechanik, Intonationsreinheit und eine Vielzahl von gekoppelten Registern, die wiederum eine Vielzahl von Klangfarben ermöglichen - und Grünert griff in die Vollen. Er präsentierte das Instrument aus Thüringer Produktion im Glanz all seiner Möglichkeiten. Mit Bachs Fantasie und Fuge c-Moll BWV 537 zeigte er uns die Orgel als Wahrer polyphoner Überlieferung nach strengen barocken Regeln, aber schon bei Johann Christian Heinrich Rinck und seinem Konzert in F-Dur erhielten die Einflüsse der Klaviertechnik den Vortritt und das Prinzip des „Orgelschlagens“ feierte fröhliche Urständ – andere Zeiten, andere Sitten.

Das Wesen der Orgel stand im Vordergrund
Die Sonate II c-Moll von Felix Mendelssohn Bartholdy verband in genialer Weise beide Stilrichtungen und Grünert konnte das Wesen aller Orgeln in den Vordergrund stellen, die wie beim Gesang luftgestützte Kantabilität der einzelnen Linie. Das Largo von Händel, „Le cou-cou“ von Daquin und das burleske Allegretto des gänzlich unbekannten William Wolstenholme sorgten, eingestreut zwischen die Schwergewichte, für pfingstliche Unterhaltung. Eine weitere Orgelfahrt führt im Juni ins Reußische Oberland.

Hans-Jürgen Thiers / 17.05.2016 / TLZ

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